Qualitätsjournalismus

Außer der Freude, sicher und geborgen in der Provinz leben zu können, gibt es auch einige Nachteile, die nicht ungenannt und uneingeschätzt bleiben sollen.

Insbesondere der Schatz des Qualitätsjournalismus der Lokalzeitung, der in einem geschätzten Mitglied der Lokalredaktion kulminiert, das

– Informationen aus nichtöffentlichen Gremien publiziert (nicht um der allgemeinen Aufklärung und politischen Transparenz willen, sondern um Individuen schlecht- und fertigzumachen)
– für unwichtige „Skandale“, die keine sind, ständig angewendete fertige Textbausteine und
– ein Faible für autoritäre Regime hat

ist schatzglänzend herausragend. Vor allem sprachlich stilprägend ist neben dem bis zum scharenweisen Weglaufen der Leser_innen hochgeschätzte „(die OZ berichtete)“ noch eine andere Wendung unter den OZ-Abonnent_innen (die noch übrig sind) beliebt, nämlich das bis zum Erbrechen überstrapazierte „schätzte er ein“.

In der heutigen OZ hat der geschätzte Sprachbildungshochleistungsjournalist es geschafft, in zwei nicht allzu langen Artikeln (hier und hier) in einer einzigen Ausgabe die befragten Personen sieben (in Zahlen: 7) Mal einschätzen zu lassen:

– „sie hätten auch keinen finanziellen Schaden durch die Pleite, schätzt Jaap ein“
– „die Geschäftsführerin stellte den Insolvenzantrag zur rechten Zeit, schätzt der Rechtsanwalt ein“
– „in der exzellenten Lage nicht betreiben, schätzt der Insolvenzverwalter ein“
– „Das lasse sich nicht durchsetzen, schätzt Jaap ein“

– „unter all den Schätzen die hier in den Schränken lagern“, schätzt der Biologe Henry Witt ein“
– „Die neuen Professoren standen nicht in der Tradition der alten Institute, schätzt Witt ein“
– „die Bestände in der Zoologie sind heute vergessent [sic! U. R.], schätzt der Biologe ein“

Schätze des Hochleistungsjournalismus, schätzen wir ein.

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